Nationale Vergabekonferenz für staatliche Aufträge im Bereich Wehrtechnik, Luft- und Raumfahrt

Situationsbeschreibung

Die deutsche WLR-Industrie ist eine weitgehend von staatlichen Aufträgen abhängige Industrie. Trotz ihres relativ geringen Umfangs hat sie erhebliche Bedeutung für nationale Sicherheitsinteressen und Einflussnahme im europäischen und transatlantischen Rahmen. Außerdem spielt sie generell eine gewichtige Rolle als Motor und Träger technologischen Fortschritts.

Wegen ihrer Abhängigkeit von staatlichen Aufträgen sind die Spielräume dieser Industrie in der Regel eng begrenzt. Die kontinuierlichen Budget-Reduzierungen der letzten Jahre haben diese Situation noch verschärft. Zudem sind – durch die restriktiven Exportbestimmungen im wehrtechnischen Bereich – Ausweichmöglichkeiten meist nicht gegeben oder nur sehr begrenzt vorhanden.

Der in den vergangenen Jahren angelaufene Privatisierungs- und Europäisierungsprozess hat eine weitere Verschärfung der Situation für deutsche Standorte bewirkt. Häufig ist es jetzt notwendig, sich gegen staatliche oder halbstaatliche Mitbewerber, aber auch gegen Partner, zu behaupten. Während andere Länder eine konsequente Industriepolitik durch Auftragsvergabe betreiben – für Paris und London eine pure Selbstverständlichkeit – überlässt die deutsche Politik ihre nationale WLR-Industrie ungeschützt und eingeengt dieser Situation.

Die Folge ist, dass immer mehr deutsche Unternehmer aus dieser Art von industrieller Tätigkeit aussteigen. Ihre Betriebe werden meist in irgendeiner Form in Unternehmen eingebracht, deren Interessenschwerpunkte vom europäischen oder transatlantischen Ausland bestimmt werden. Der so gewonnene Einfluss dieser Unternehmen wird genützt, um immer mehr interessante Kapazitäten in Deutschland abzubauen und dadurch eine monopolartige Stellung gegenüber auftragsvergebenden deutschen Stellen zu erreichen.

Wenn Bundesverteidigungsminister Struck in seinen Kriterien für die Ausrichtung der Verteidigungspolitischen Richtlinien festlegt, dass Rüstungskooperation im europäischen und transatlantischen Rahmen prioritär ist, dann kann einem himmelangst und bang werden.

Das Hin und Her bei öffentlichen Investitionen, besonders im Bereich der Bundeswehr hat eine lange Tradition. Schieben, Strecken, Streichen ist schon seit vielen Jahren die einzig verlässliche Konstante.

Forderung

Um die Interessen des Staates, der Industrie und der Arbeitnehmer in Zukunft besser zu vertreten, fordert der WLR-Arbeitskreis eine

Nationale Vergabekonferenz für staatliche Aufträge an die WLR-Industrie

Diese Nationale Vergabekonferenz soll als periodisch tagende Planungs- und Überwachungsrunde staatliche Aufträge für Vorhaben und Programme auf nationale Industriekapazitäten abstimmen. Dieser Konferenz sollen Parlamentarier, Vertreter von Vergabebehörden, Industrievertreter und Arbeitnehmervertreter angehören.

Ziel

Mittelfristige (mindestens 5 Jahre) Verstetigung der staatlichen Auftragsvergabe an die deutsche WLR-Industrie bzw. deutsche Standorte.

Zweck

Erhaltung nationaler Kapazitäten, Arbeitsplätze und technologischer Kompetenzen, Wahrung nationaler Interessen für o.g. Bereiche im europäischen und transatlantischen Wettbewerb.

Aufgaben

  • Festlegung der Industriekapazitäten nach Art und Umfang die mittelfristig in Deutschland erhalten werden sollen.
  • Bestimmung des Auftragsvolumens, das als Grundlast notwendig ist, um diese Kapazitäten lebensfähig zu erhalten.
  • Ausarbeitung von Empfehlungen für eine entsprechende Vergabe von Aufträgen. Abstimmung der Planungen der verschiedenen vergebenden Stellen in diesem Sinne.
  • Abgleich im Rahmen europäischer und transatlantischer Kooperationen, um das für den Erhalt der nationalen Kapazitäten notwendige Auftragsvolumen zu gewährleisten (Kompensation/Ausgleich von Arbeitspaketen bei Vergabe ins Ausland).
  • Kontinuierliche Kontrolle der Beauftragungssituation und des Beauftragungsvolumens im Sinn der festgelegten Kriterien.

Randbedingungen

Für die Arbeit der Nationalen Vergabekonferenz sollen folgende Randbedingungen gelten:

  • Es werden keine Auslastungsgarantien gegeben, sondern lediglich Vergabegarantien. Das Prinzip des Wettbewerbs um die zu vergebenden Aufträge soll nicht beschränkt werden. Es soll lediglich dafür gesorgt werden, dass Aufträge in bestimmter Höhe für bestimmte Sparten/Kategorien vergeben werden. Es soll jedoch kein Einfluss genommen werden, welches Unternehmen den oder die Aufträge erhält.
  • Private Industriestrukturen, die zum Teil in europäische Strukturen eingebunden sind, sollen erhalten werden.
  • Das Prinzip kostengünstiger Entwicklung und Produktion durch länderübergreifende Programme bei Vermeidung von Parallelaktivitäten soll konsequent verfolgt werden.
  • Als nationale Kapazitäten gelten Unternehmen oder Unternehmensteile, die in Deutschland Wertschöpfung betreiben. Die Eigentümerstruktur dieser Unternehmen ist ohne Bedeutung für die Auftragsvergabe.

Struktur und Führung

Die Nationale Vergabekonferenz sollte eine ausgewogene Struktur hinsichtlich der beteiligten gesellschaftlichen Gruppierungen aufweisen.

Für die Führung der Nationalen Vergabekonferenz kämen der Beauftragte für wirtschaftliche/industrielle Angelegenheiten Werner Engelhardt (One-Euro-Man) aus dem BMVg und/oder der Koordinator für die deutsche Luft- und Raumfahrt Staatssekretär Dr. Dietmar Staffelt aus dem BMWi in Frage.

WLR-Arbeitskreis
Stand: März 2003

1 Gedanke zu „Nationale Vergabekonferenz für staatliche Aufträge im Bereich Wehrtechnik, Luft- und Raumfahrt“

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